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Die Geschichte zur roten Mütze

04.10.2013

"Eine junge Frau mit wehenden Haaren bringt mit edler Geste die Saat aus, schwingt heroisch eine Trikolore, blickt entschlossen in die Zukunft. Sie schmückt politische Plakate, Karikaturen, Titelblätter von Zeitschriften. Sie schaut in französischen Rathäusern anmutig lächelnd auf junge Brautpaare herab. Sie ist klassisch schön. Die junge Frau heisst Marianne und repräsentiert symbolisch die französische Republik.


Sie trägt eine etwas sonderbare Kopfbedeckung: eine rote Wollmütze mit herabhängedem Zipfel: die Jakobinermütze, auch phrygische Mütze oder Freiheitsmütze genannt.

Die Schlümpfe tragen auch so eine, aber die ist bekanntlich weiss. Die Jakobinermütze ist dagegen knallrot, wie die Mützen von deutschen Gartenzwergen, deren Zipfel allerdings nicht herabhängen sollten.

Besonders schick oder gar vornehm ist die Mütze nicht, im Gegenteil. Galerensklaven trugen solche Mützen. Angeblich sah man sie schon in der Antike bei befreiten Sklaven. Sie soll von den Phrygiern in Zentralasien kommen. Dierevolutionären Jakobiner trugen die rote Mütze als Freiheitssymbol mit blau-weiss-roter Kokarde.

Ein historisch ungebildeter Beobachter mag nun verwundert fragen, warum sich die französische Republik mit der Jakobinermütze auf Münzen, Briefmarken und in Rathäusern darstellt. Denn: waren die Jakobiner nicht diese radikalen Republikaner, die während der französischen Revolution unter Leitung von Robespierre die Schreckenherrschaft ausübten? Stimmt.

Als aufgebrachte Pariser am 20. Juni 1792 die Tuilerien – die vorübergehende königliche Zwangsherberge in Paris – stürmten, setzten sie dem armen Ludwig XVI. die berühmte Mütze auf 's königliche Haupt. Dieses wurde dann bekanntlich später auf der Guillotine vom Rumpf getrennt. Wenn sich die Republik heute mit der Jacobinermütze darstellt, dann heisst das wohl, dass fast alle Franzosen im Geiste Jakobiner sind. Aber wissen sie auch, warum man die Jakobiner "Jakobiner" nennt? Mit dem biblischen Patriarchen Jakob hat das natürlich nichts zu tun. Nein, man nannte die Jakobiner so, weil sie sich im ehemaligen Dominikanerkloster St. Jakob in Paris versammelten, um dort den Sturz der Monarchie zu planen. Dabei waren allerdings nicht alle Mitglieder des Klubs radikale Jacobiner.

Die eher moderaten Jacobiner, die Gegner von Robespierre, nannte man die "Girondins", weil viele ihrer Vertreter aus dem Departement Gironde im Süd-Westen Frankreichs kamen. Die radikalen Gegner der eher gemässigten Girondins nannte man die "Montagnards". Nicht etwa weil die Radikalen vom Gebirge kamen, sondern weil sie in der Versammlung der Jacobiner links auf den oberen Rängen saßen.

Als das revolutionäre Frankreich bedroht war, wurde es zur "patrie en danger" erklärt, zum Vaterland in Gefahr -und die meisten Girondisten wurden auf die Guillotine geschickt. Das war 1793/94. Da blieben dann nur die "Montagnards" übrig, also die radikalen Jacobiner. Wie dem auch sei, die "Girondins" sind heute noch nicht ganz ausgestorben. So heisst nämlich der Fussballclub von Bordeaux. Und diese Girondins haben viele Anhänger, auch wenn sie keine rote Mütze tragen…"

Quelle: 

http://sites.arte.tv/karambolage/de/die-geschichte-die-jakobiner-karambolage